Sie können nicht mit und nicht ohne sie

Eine Insel in der Nordsee, windumtost, wellenumspült. Und mit Einwohnern, die sich mit den Feriengästen abfinden müssen. Doch nicht alle tun das.

Hansen nimmt sich die Familie Sander als Beispiel: Mutter Hanne, Vater Jens und die Kinder Eske, Henrik und Ryckmer. Vater Jens hat die Familie vor 20 Jahren verlassen und kommt nun einfach so wieder. Tochter Eske flüchtet einmal im Jahr für 4 Wochen zu ihrer Freundin aufs Festland, Ryckmer ist Alkoholiker und Henrik Künstler.

Das Leben auf der Insel ist nicht einfach und Dörte Hansen fängt die Stimmung perfekt ein. Da gibt es Hochs und Tiefs, man lacht miteinander und sucht den Sinn seines Lebens. Nicht alle finden ihn.

Als Leser begleitet man diese Suche und die Veränderung in den 20 Jahren, die das Buch umreißt. Und man begleitet die Charaktere, die sich mit verändern. Zwangsläufig ändern müssen, denn die Welt steht nicht still – und auf einer Insel schon gar nicht.

 

Fazit: Hansen ist eine Autorin der leisen Töne. Ihre Charaktere leben und sind pointiert. Ihre Erzählungen sind auf den Punkt und sprechen den Leser direkt an. 


Es ist Mittag im Alten Land. Die Menschen ziehen sich auf ihre Küchenbänke und Stubensofas zurück und ruhen sich aus. Doch was ist jetzt los? Der Büchereibus fährt auf den Vorplatz und hupt!

 

Ein erstes Zeichen der Veränderung in einem kleinen Bauerndorf in Ostfriesland. Ingwer Feddersen kommt aus der Stadt zurück, um seine alten Eltern zu pflegen und erlebt ein Dorf, das er so nicht mehr in Erinnerung hat. Dörte Hansen schreibt vom Wandel, aber auch vom Zusammenhalt der Dorfbewohner. Von früheren Zeiten und von jetzigen. Von besseren und schlechteren. Und von den Charakteren, die so ein Dorf hervorbringt. Da ist der alte Sönke, der vom Krieg wieder kommt und erst einmal rechnet, ob das Kind im Bauch seiner Frau überhaupt von ihm sein kann. Und da ist Marret „halfbackt“ – die ihr Neugeborenes nicht annehmen kann und in der Schwangerschaft lieber vom Heuboden springt, als sich die Schande eines unehelichen Kindes anzutun. Denn genau das ist es noch in dem kleinen Dorf. Zumindest vor dem Wandel.

 

Anfangs fand ich die Schreibweise von „Mittagsstunde“ noch etwas schwer und ich tat mich nicht leicht, in die Handlung zu finden. Die Leute schnacken platt – da hätte ich manchmal schon einen Dolmetscher gebraucht. Doch mit der Zeit habe ich mich dann eingelesen und auch die Handlung hat mich fortgerissen. Ich sah das Dorf sehr gut vor mir, der kleine Dorfladen, die Bäckerei, in der alle zusammenkommen, die düsteren Bauernhöfe und die kleine Volksschule, in der 9 Klassen gleichzeitig unterrichtet werden.

 

Hansen zeichnet ein Bild vom Wandel. Ob dieser gut oder schlecht ist muss jeder für sich selbst entscheiden. Hansen zeichnet aber vor allem auch ein Bild des Dorflebens in der Vergangenheit. Und das hat mich begeistert. Wie die Leute alle treffsichere Beinamen bekommen und wie man sich am Abend im Dorfgasthaus trifft, um sich auszutauschen – so ein klein wenig habe ich auch noch davon mitbekommen und ja, manchmal habe ich mich während des Lesens doch in meine Kindheit und die Ferienzeit bei der Oma im kleinen Dorf zurückgesehnt.